Liebe Freunde, Familie und Interessierte

ich hoffe sehr, dass ihr alle bei guter Gesundheit seid

Meine Familie und ich sind wohlauf und bei bester Gesundheit. Sogar der alljährliche Schnupfen scheint uns dieses Jahr nicht zu befallen. Hier bekommt man ja Schnupfen aufgrund des vielen Staubs während den Trockenperioden, nicht wegen der Kälte. Wir sind immer noch in Nairobi. Ja, und immer noch vermisse ich den Kontakt zu den Patienten und Patientinnen, mein Team und unser Daheim auf dem Hügel oben. Die Grenzen wurden zwar vor einiger Zeit geöffnet, aber aktuell darf man ohne gültigen Corona-Test nicht nach Tansania einreisen. Vor einem solchen Test möchte ich vor allem die Kinder verschonen, ist es doch eine sehr unangenehme Prozedur. So warten wir weiter noch ein wenig ab und hoffen, dass auch diese Massnahme bald nicht mehr notwendig sein wird.

Doch, so sehr ich auch meine Arbeit in Tansania vermisse, so war es auch eine gute Erfahrung, einfach mal ein normales Familienleben zu führen. Es ist das erste Mal, seit wir verheiratet sind, dass wir mehr als drei Monate ohne grösseren Unterbruch zusammen sein konnten. Ich glaube, das hat unserer Familie ganz gutgetan.

Für mich ist es sehr erfreulich zu sehen, dass das Maisha Mema-Team auch während meiner Abwesenheit motiviert bei der Arbeit ist. Seit wir die Krankenkassen-Anerkennung haben, gibt es endlich etwas mehr Patientinnen und Patienten. So kommt es immer wieder vor, dass unser Leitender Arzt Dr. David, wenn ich ihn anrufe, sagt: «I am sooo busy, can I call you later?» (Es läuft grad sooo viel, kann ich dich später anrufen?) Und das später bedeutete dann meistens nach 10 Uhr nachts.

Auch wenn es für das Team streng ist, freue ich mich, dass es «lebtig» zu und her geht in der Dispensary. Immer häufiger kommen auch schwer erkrankte Menschen zu uns. Während zwei Wochen beherbergten wir Johansen, einen 20-jährigen Mann mit Lungenkrebs. Da er ununterbrochen Sauerstoff benötigte, konnte er die Krankenstation nicht mehr verlassen. Johansens letzter Wunsch war, seine Kinder noch einmal zu sehen, die mit seiner Ex-Frau im 300 Kilometer entfernten Mwanza leben. Zwei Tage vor seinem Tod konnten wir ihm diesen Wunsch erfüllen. Dr. David macht gerade eine Ausbildung zum Palliative-Care-Arzt. Ich freue mich, dass er das Konzept einer allumfassenden Pflege so gut in der Praxis umsetzt. Denn einmal mehr hat sich in diesem Fall gezeigt, wie wichtig auch die psychischen und sozialen Komponenten bei der Pflege eines Schwerkranken sind. Die Familie von Johansen kommt bis heute noch ab und zu zu Besuch und bedankt sich für alles, dass wir für ihn getan haben.

Ich bin froh, dass unser Assistenzarzt Jovinus noch jung und voller Tatendrang ist. So ist er es, der öfters mal in der Dispensary auf einer Untersuchungsliege übernachtet, weil wir jemanden über Nacht zur Überwachung bei uns behalten müssen. Die Menschen in der Umgebung wissen unterdessen auch, wo er wohnt. So passiert es ab und zu, dass er um Mitternacht von Patienten geweckt wird, die einen Unfall hatten oder in schlechter Verfassung sind. Mit der Stirnlampe werden dann grosse Wunden zugenäht oder Kinder im Fieberdelirium versorgt. Unsere Securitas werden dann jeweils als Anästhesie- oder Krankenpfleger eingesetzt. Ich bin mir sicher, sie haben bald das halbe Wissen eines Arztes. �

Unser Assistenzarzt Jovinus wünscht sich, dieses Jahr weiter Medizin studieren gehen zu können. Dafürsuchen wir noch einen Sponsor. Das Studium kostet pro Jahr 3000 Franken und dauert sechs Jahre. Wer sich vorstellen kann, Jovinus diesen Wunsch zu erfüllen oder ihn dabei zu unterstützen, darf gerne auf unser Konto eine Überweisung mit dem Vermerk «Jovinus» machen. Das Geld kommt ihm dann direkt zugute. Er wird während den Semesterferien weiterhin bei uns arbeiten. Ich mag seinen Umgang mit unseren Patientinnen und Patienten und seine grosse Motivation, Neues zu lernen. Deshalb unterstütze ich seinen Wunsch sehr und bin mir sicher, dass das Geld in eine gute Person investiert ist.

Auch wenn Tansania sehr locker gegenüber der Thematik Covid steht, müssen wir als Gesundheitszentrum nach wie vor alle Sicherheitsmassnahmen einhalten. Bei Patienten wird als erstes die Temperatur gemessen und sie müssen sich die Hände waschen. Zum Teil arbeitet das Team mit einem Mundschutz. Dennoch hat Tansania wirtschaftlich sehr von seiner Ausnahmesituation profitiert. Während alle anderen Länder in Afrika, ausgenommen Madagaskar, alle wirtschaftlichen Aktivitäten eingeschränkt oder ganz eingestellt hatten, lief in Tansania alles munter weiter. So gilt Tansania nach nur ein paar Monaten wirtschaftlich nicht mehr als Drittweltland, sondern als Land mit mittlerem Einkommen. Uns freut das sehr, denn so wurden unsere Steuern ein wenig gesenkt.

Dennoch, vor Ort spürt man von all dem wirtschaftlichen Aufschwung nicht viel. Nach wie vor klappen viele Dinge nicht so, wie sie sollten. Über mehrere Stunden pro Tag fällt der Strom aus und es kommt immer wieder vor, dass es im ganzen Land keinen einzigen Tropfen Benzin zu kaufen gibt. So wird es uns nicht langweilig und wir improvisieren und koordinieren.

Seit Kurzem hat Maisha Mema zwei neue Mitarbeiter. Unser ehemaliger Buchhalter hat die Möglichkeit bekommen, sich weiterzubilden und hat aufgrund dessen bei uns gekündigt. Frank ist seit Juli unser neuer Buchhalter und bringt mit viel Engagement und Fachwissen Ordnung in unsere Finanzen. Dann hat auch Benson als Krankenpfleger bei uns angefangen zu arbeiten. Benson hat zwei Jahre lang in Holland gelebt und gearbeitet. Nach seiner Rückkehr hat er sich bereit erklärt, sich mit seinem so erworbenen Fachwissen bei uns einzubringen.

Unserem Maisha Mema-Grossvater Dereva geht es nach wie vor sehr gut. Nebst einem neuen Zuhause hat er bei uns auch eine neue Familie gefunden. Die Mitarbeitenden sagen, sie könnten sich das Leben auf dem Gelände ohne Dereva gar nicht mehr vorstellen. Er hätte gerne ein paar Ziegen, auf die er aufpassen könnte, so dass es ihm nicht langweilig wird. Wir werden sehen, ob wir ihm auch diesen Wunsch erfüllen können.

Vor ein paar Wochen ist es rund um unser Haus wortwörtlich bränzlig geworden. Ein paar Kuhhirten haben, wie es hier halt Tradition ist, Grasland abgebrannt. Das Feuer ist dann etwas ausser Kontrolle geraten und hat beinahe unser Haus erreicht! Zum Glück waren die Mitarbeiter und der Grossvater Dereva vor Ort und konnten die Flammen im letzten Moment löschen!

Nun möchte ich mich einmal mehr für eure Unterstützung bedanken und verbleibe mit herzlichen Grüssen Bettina